Die Welt, in der wir leben, ist die Welt, in der wir von Zeit zu Zeit auch duschen. In meinem Leben, das nun immerhin 54 Jahre währt, habe ich schon einige Duschen kennengelernt. Auch andere Menschen duschen, soweit ich weiß; es ist Luxus, aber nicht so luxuriös wie ein Vollbad in einer Badewanne. Es ist sogar etwas sportlich, weil es stehend und nicht liegend genossen wird; gehe ich im Sommer ins Freibad, ist die Dusche vor dem Schwimmgang doppelt sportlich, da sie die 1.000 Meter ankündigt, die ich gleich zu schwimmen gedenke und darüber hinaus ist das Wasser dieser Dusche eiskalt. Immer. Man kann noch nicht einmal 20 Cent einwerfen, um es wärmer zu bekommen. Die Dusche ist dabei genau genommen der Vorgang und gleichzeitig die technische Vorrichtung, die das Wasser aus einer Überkopfhöhe nach unten prasseln lässt, ob zu heiß oder Eisdusche – egal. Das in dem kurzen Moment des Körperkontaktes seiner reinigenden Funktion beraubte Wasser fließt dann sehr schnell wieder dahin, wo es herkam, in den Untergrund.
Die Dusche meiner Kindheit war lang andauernd und rieselig, warm und wärmer; eigentlich am besten heiß. Ich stand in einer handelsüblichen Wanne in der Mietwohnung meiner Eltern und hatte das Wasser heißestmöglich aufgedreht. Ca. nach zwei Minuten Dauerprasselei auf meinen Rücken setzte regelmäßig Entspannung ein. Ich fing hinter dem Vorhang aus Chemiestoff an zu singen. Es waren deutsche und internationale Hits, in der Mehrzahl wohl eher dem Schlagerrepertoire zuzurechnen; wobei Schlager ja ins Englische übersetzt auch eher in Richtung des Worts „Hit“ geht. Also, es waren meistens Hits. Gerne auch in einer für mich völlig unverständlichen Sprache wie Französisch.
Ein nächster elementarer Duscheindruck entstand nach dem Sport, genauer dem Schulsport im städtischen Hallenbad. Hier entwickelte ich für mich die Sportart des Dauerduschens, egal, was meine Mitschüler davon hielten. Jedenfalls gab ich der Dusche nochmal mindestens 10 Minuten „on top“. 10 Minuten, in denen ich mindesten 20 Mal auf den Duschknopf drücken musste, der nach 30 Sekunden die Tätigkeit der Dusche immer wieder beendete. Duschen war toll! Die öffentlich-rechtlichen Duschen der Badeanstalt mit Schulbecken hatten besonders viel Druck auf den Düsen, so dass die Haut schnell gerötet und damit sehr lebendig gemacht wurde.
Duschen in Hotels sind meistens nur funktional, selten sah ich eine Duschbadewanne, meistens waren die Duschen mehr oder weniger ebenerdig und ohne Stufe begehbar. Es geht dort also in der Regel um reine Körperreinigung. Die Körperreinigung mit Wasser praktizierten wahrscheinlich schon die alten und jungen Römer. Die tanzten unter den römischen Duschen anders als die Anderen und trieben allerlei Schabernack ebendort. Letzteres ist aber nicht verbürgt, da ein Eingeborener vom Stamme Austria dieses behauptete. Der Schnee, auf dem die Wiener damals alle talwärts fuhren, ist ja hinreichend bekannt und so kann man hier keine gesicherten Duschtatsachen aus diesem Text ableiten. Gesicherte Tatsache ist aber die Erkenntnis aus einem Berliner Hotel, dass es inzwischen Duschköpfe gibt, die ein früher undenkbares Wasserspiel bieten: aus dem Duschkopf treten Wasserfäden aus, die den Eindruck vermitteln, sie tanzten eine römische Quadrille. Vier Fäden, die schräg aus dem Duschkopf austreten und sich dabei auch noch wie bei einem Springbrunnen bewegen; wie Scheinwerferfinger in umgekehrter Richtung nach dem Himmel greifen, so greifen sie nach dem unter der Dusche harrenden Körper. Sie massieren und umschmeicheln ihn. Und das alles auf den sanften Druck auf einen Knopf am Schaft des Duschkopfes. Die Duschkopftechnik macht ja von den meisten Bürgern unbemerkt deutliche Entwicklungssprünge. Also wahrscheinlich nicht unbedingt in Pensionen im Sauerland oder Hotel Garni in Hamburg oder sagenwema Bochum. Es gibt aber Hotels, die immer die neuesten Duschkopfgenerationen installieren – ein Fest für die Duschkopfentwickler und ihre ganze Branche. Es soll ja auch Sportausrüster geben, die ihren Topsportlern Schuhwerk an die Hand geben. Genauso biete ich mich hiermit als erfahrener Dauer- und Extremduscher für die Duschkopfbranche an. Nehmt mich und gebt mir Eure neuesten Duschkopfentwicklungen (das mit Beleuchtung hatte ich aber schon und fand es eher fade). Ich teste sie unter härtesten Bedingungen!
Abschließend noch ein paar Worte zu dem Verbrauch an Wasser in meinem Leben. Denn einmal im Leben fragt sich jeder: wie viel an Wasser habe ich verbraucht? Was ist normal? Was verbraucht meine Frau? Und warum haben nicht alle Autos eine eingebaute Dusche? Das sind ganz normale Fragen, sie hat es immer schon gegeben, so wie Wasser nach unten fließt, zu dem anderen dort unter Gestein schon vorhandenen Wasser. Alles andere ist eine Täuschung im Kopf des Betrachters. Man mag sich manchmal wundern, wo das Wasser herkommt, wie so ein Duschkopf diese Wahnsinnstechnik auf kleinstem Raum beinhalten kann. Das Wundern findet aber nur einmal pro Lebensdauer statt. Danach wundert man sich über nichts mehr.
Sparks / Singin‘ In The Shower / https://www.youtube.com/watch?v=T6gwIgsHMis
Alain Barrière & Noëlle Cordier / Tu T’en Vas / https://www.youtube.com/watch?v=EBzuv8XIvZk
Chemical Brothers / Galvanize / https://www.youtube.com/watch?v=6b9ci_z4v7M
Talking Heads / Once In A Lifetime / https://www.youtube.com/watch?v=5IsSpAOD6K8
Falco / Junge Römer / https://www.youtube.com/watch?v=DAPWGjMFW6Q
Wasserbergauf / http://regiowiki.hna.de/Wasser_bergauf