Rente

Was es bedeutet, in den Ruhestand nach einem langen Arbeitsleben zu treten, kann nur nachvollziehen, wer es selbst erlebt. Die Hemden der Angestellten wurden zuvor schon sukzessive gegen Sporttroyer ausgetauscht und in einer geheimen Aktion haben Unbekannte dafür gesorgt, dass die Windbreaker auch andere, blassere Farben bekommen haben. Wie diese Unbekannten das wohl geschafft haben?…

Was es bedeutet, in den Ruhestand nach einem langen Arbeitsleben zu treten, kann nur nachvollziehen, wer es selbst erlebt. Die Hemden der Angestellten wurden zuvor schon sukzessive gegen Sporttroyer ausgetauscht und in einer geheimen Aktion haben Unbekannte dafür gesorgt, dass die Windbreaker auch andere, blassere Farben bekommen haben. Wie diese Unbekannten das wohl geschafft haben? Das Geld wird bald vom Staat kommen und die Hoffnung bleibt, dass dieser auch genügend Geld haben wird. Die Abhängigkeit, geschaffen durch diese finanzielle Versorgung, ist anders als zuvor, als immerhin die Möglichkeit bestand, seinen Arbeitgeber zu wechseln. Die Perspektive der Arbeitnehmer*innen hat sich immer maßgeblich von denen anderer Sektoren unterschieden, denen der Künstler*innen, der Selbständigen, die ihr Geld selbst verdienen, einteilen oder eben nichts bekommen, weil die Lage schlecht ist. Und natürlich gibt es Unterschiede zu denen, die schon immer vom Staat abhängig waren. Über die Jahrzehnte hinweg hat es sich ergeben, dass es immer zwei Perspektiven auf eine Sache gibt; in Wirklichkeit sind es sogar noch mehr! Die Freude auf die Rente, ja sogar die Liebe zu ihr ist also nicht nur denkbar, sie ist wahrscheinlich auch eine echte Perspektive.

Eine andere Perspektive hat, wer erst vor und dann nach der Konzertveranstaltung im seriösen Theater oder Schauspielhaus oder Saal an der dortigen Garderobe (umsonst) steht, um Mantel und Jacke für seine Orangenhälfte und sich wieder in Empfang zu nehmen. Alte Menschen, denen man die Rentnereigenschaft unterstellt, sind beim anstellen besonders pfiffig, treffen aber auf den härtesten Gegner in der Schlange: sich selbst. Rentner gegen Rentner ist ein harter und zäher Kampf um Positionen in der Reihenfolge, triumphierenden Wegdrehen aus der Schlange mit 3 bis 4 riesigen Pelz- und anderen Mänteln auf dem Arm und kleinen Nickeligkeiten in der Fußgegend. Ich möchte mich nicht auf ein solches Verhalten einlassen, auch nicht für die Zukunft und bleibe daher etwas retardiert hinten als letzter der Schlange stehen. Die Orangenhälfte zuckt und will nach Hause, lässt sich daher auf einen Positionskampf mit einer Rentnerin in einem schwarz-weiß quergestreiften Pulli ein und zieht recht eindrucksvoll an dieser vorbei, bis von rechts ein Rollator gegen den Ausgabetresen donnert, diesen erschüttert und daher alle Aufmerksamkeit der Kleidungsausgabefachkraft bekommt. Man ist froh, wenn dieser Panzer unter den Rentenkriegern kehrt macht und zurück in Richtung Ausgang rollt. Dann gibt es die eigenen Jacken und ich bekomme meine erfolgreich von meiner geliebten Orangenhälfte überreicht, als wir Pulli um Pulli passieren und diese im Rückspiegel kleiner werden sehen.

Nach einem Perspektivwechsel ist jedenfalls klar, von Sieben bis 18 heißt es „geh aus dem Weg Du Scheiß Arschloch“, jedenfalls heutzutage, früher hätten sich diese Rotzlöffel so etwas gar nicht getraut. Ab 19 heißt es bis 67: könnten Sie mich bitte durchlassen, danach sprechen sie nur noch davon: „weg, Du Rotzlöffel. Als ruhiger Rentner beschäftigt man sich mit: Flugtee DI-23 – also der 23. Pflückung der ersten Ernte. Ein junger ordentlicher Mensch ist der eigenen Zukunft voraus, das Alter hinkt ihr hinterher, zumindest etwas. Die Zukunft rennt dann schneller und ist ihre eigene Zukunft.

Alt:

Pet Shop Boys / Rent / https://youtu.be/DZMRqRKnDBg

Boy / Drive Darling / https://youtu.be/ctgLh7ekE1s

Everything But The Girl / The Future Of The Future / https://youtu.be/LKNznc-hFyg

Baz Luhrman / Everybody’s Free To Wear Sunscreen / https://youtu.be/sTJ7AzBIJoI