Café Hard.

Es ist die Phase in diesem Leben, da habe ich von Zeit zu Zeit den Wunsch, etwas zu bewirken. Also nichts großes wie die deutsche Fußballmeisterschaft für den VfL oder die Zerstörung der Welt, nein es soll etwas kleines, vielleicht sogar gar winziges sein, mehr so ein Schmetterlingseffekt.

Diesen Wunsch haben aktuell die Bauarbeiter in mir wachgerufen, als sie an der Straße vor unserer Mietwohnung binnen zwei Wochen Herbstferien und einem daran gehängten Wochenende Farbahn für Fahrbahn zuerst die Fahrbahndecke zerstörten und abhoben, sodann neu teerten und schlußendlich neue Fahrbahnmarkierungen anbrachten, die eine dramatische Veränderung der Parksituation mit sich brachten: Zugunsten eines Fahrradweges wurden etwa zwanzig Bezahlparkplätze unter den Asphalttisch fallen gelassen.

Für diese Aktion der Asphaltierung waren die Fabelhaften Vier plus einem Fünften verantwortlich. Walzenpaul fuhr den ganz große Stahlreifen, Tonnenjohn regelte unterdessen den Verkehr. Die Thermomulde 2 mit der Aufschrift Georgs Bummelzug wartete mit Trecker-Pete und Rillen- Ringo, dem Asphaltmanager mit der kleinen Walze. Die Markierungen wurden dann von namenlosen Strichmachern hergestellt, wahrscheinlich künstliche Doofheit. Jetzt fehlen eben Parkplätze und wahrscheinlich auch der Zebrastreifen und das haben die Fab Five bewirkt.

Hiesige Ausgangssituation in der Zeit danach: Wir haben ein Date mit einem Freund, der Berlin besucht. Versuchen ihn zu überzeugen, dass Potsdam der geeignetere Ort wäre. Er springt nicht darauf an. Es ist klar, wir müssen nach Berlin.

Kurzes Abchecken: entweder C/O Berlin, da waren wir aber schon einmal mit ihm oder MOUpperWest, Hochetage mit Blick auf die von einem der Kriege zerstörten Gedächtniskirche, jedoch aus der Erfahrung nicht gut, da sind die Killerpilze-Kegelclubs, die mit 5 Promille schon um 5… also, die kommen nicht in Betracht. Es kommt uns vielmehr das Café Hard. in den Sinn. Nicht zuletzt, weil der junge Freund Hunger hat, wir nicht so viel und dann alles, ob klein, ob groß, dort vorhanden ist.

Er schreibt uns schon, während wir noch in Potsdam sind, wie begeistert er von der Location sei, wir sitzen währenddessen noch in der Bummel-S-Bahn, zusammen mit einer Mutter, die ihre beiden kleinen Kinder nicht wirklich erziehen kann und ständig damit droht, aus der Bahn auszusteigen (wann endlich?), dann noch mit Fußballfans von Zweitligamittelfelddiva Hertha mit sehr stark genitalbezogenem Humorniveau und einem prominenten Obdachlosen, der tagein-tagaus, tagauf-tagab von Potsdam nach Bahnhof Zoo und von Bahnhof Zoo nach Potsdam fährt, um nicht zu frieren. Er hat keinen Gürtel in der Hose und hält die Oversizebuxe mit einer Hand fest. Das Arbeiterdekolletée kommt unangenehm in Sicht und er hat durch seine Persönlichkeitsentfaltung eine menschenfreie Zweimeterzone um sich herumgezogen.

Wir entkommen schließlich dieser S-Bahn-Vorhölle und erreichen das Café Hard. Da wir als Teilnehmer eines solchen Treffens immer etwas sehen wollen, verändern wir die Plätze und: sofort – also in dem Moment, wo wir uns an den neuen Platz setzen – kommen ein Mann und eine Frau in das Café und unser junger Freund sagt sofort „Ach das ist doch der Eine von den Pet Shop Boys!“

Ich erkenne ihn auch sofort und wir reden und gucken immer mal wieder, was der P-S-Boy so macht. Unser junger Freund fragt sich und uns auch, ob man da jetzt eigentlich hingehen und nach einem Autogramm fragen müsse. Das ist aber allen Beteiligten außerhalb dieser gänzlich anders begründeten Zweimeterzone zu peinlich. Ich höre dann noch, wie Neil Tennant sagt: „Die Rechnung bitte“ – auf Deutsch. Bilde ich es mir ein oder schaut er zu uns herüber?

Am Ende fotografiere ich noch die hinterlassene Teetasse. Sie hat etwas bewirkt.

Captain Sensible / Wot / https://youtu.be/9Q6YJ-r5SQs?si=bNkw1hfe6yfMNu19

The Beatles / Now and Then / https://youtu.be/Opxhh9Oh3rg?si=2KGfyJcShbwwSidH

Pet Shop Boys / It’s Alright / https://youtu.be/9r0pISqCDRw?si=OZHRB6YMfRRfFIjc